Bethesda/Maryland – Ein gut funktionierendes angeborenes Immunsystem kann eine Erstinfektion mit SARS-CoV-2 bereits nach wenigen Tagen beenden, lange bevor die B- und T-Zellen der adaptiven Immunantwort aktiv werden können. Entscheidend ist nach einer tierexperimentellen Studie in Science Immunology (2022; DOI: 10.1126/sciimmunol.abo0535) die frühzeitige Bildung von Interferonen, die die ansässigen Abwehrzellen aktivieren.
Nach wie vor ist unklar, warum eine Infektion mit SARS-CoV-2 bei einigen Menschen nur eine leichte Erkältung auslöst, während andere Menschen an den Folgen der ungehinderten Virusreplikation und einer Überreaktion des Immunsystems sterben.
Die britische „Human Challenge Study“ hat bereits gezeigt, dass sich SARS-CoV-2 in den Atemwegen des Menschen sehr rasch vermehrt. Bei den Probanden waren die Viren nach median 40 Stunden im Abstrich nachweisbar.
Bei den 6 Rhesusaffen, die ein Team um Daniel Barber vom US-National Institute of Allergy and Infectious Disease in Bethesda/Maryland absichtlich nasal und intratracheal mit SARS-CoV-2 exponiert hatte, kam es ebenfalls in den ersten beiden Tagen zur maximalen Virusreplikation, die danach rasch abfiel. Letzteres war zu erwarten, da Rhesusaffen nur mild an COVID-19 erkranken.
Die Forscher hatten die Tiere infiziert, um die Ursachen für den milden Verlauf zu ermitteln. Zu den Untersuchungen gehörte eine Positronen-Emissions-Tomographie, die anhand des Glukosestoffwechsels die Orte in den Lungen lokalisierte, in denen sich die Viren vermehrten. Schon bei der 1. Nachuntersuchung am Tag 3 waren zahlreiche Infektionsherde in den Lungen sichtbar. Bei der 2. Nachuntersuchung 9 Tage nach der Infektion waren sie wieder weitgehend verschwunden.
Die Abstriche aus Nase und Rachenraum zeigten, dass die Virusreplikation in den ersten beiden Tagen ihren Höhepunkt erreicht hatte und danach wieder abfiel. Zu einer solch schnellen Reaktion ist bei einer Erstinfektion nur das angeborene Immunsystem in der Lage.
Das erworbene Immunsystem, das die Viren durch Antikörper neutralisiert oder die infizierten Zellen durch T-Zellen zerstört, benötigt länger, da die Immunzellen erst neu gebildet werden müssen. Tatsächlich war eine Reaktion der B-Zellen, die die Antikörper bilden, nach 10 Tagen, als die Tiere getötet wurden, erst ansatzweise vorhanden.
Die 1. nachweisbare Reaktion auf die Infektion war eine Rekrutierung von Makrophagen und Monozyten. Die Makrophagen sind ortsständig im Gewebe vorhanden, die Monozyten können rasch aus dem Blut rekrutiert werden. Befehlsgeber sind in beiden Fällen Interferone, die von den infizierten Zellen als Gefahrensignal ausgesandt werden.
Makrophagen und Monozyten waren am 3. und 4. Tag nach der Infektion in größerer Anzahl in der Bronchialflüssigkeit nachweisbar. Ihre Konzentration korrelierte mit der Viruskonzentration in den Abstrichen und wie diese fiel sie in den nächsten Tagen.
Nach 10 Tagen war ihre Zahl nicht mehr größer als vor der Infektion. Dies entspricht der normalen Abfolge der Immunabwehr, bei der das angeborene Immunsystem eine erste Abwehrlinie bildet, bis dann nach 10 bis 14 Tagen B-Zellen mit Antikörpern und T-Zellen durch den Angriff auf infizierte Zellen die Viren gezielt angreifen.
Bei einer milden Erstinfektion ist der Kampf gegen SARS-CoV-2 bereits gewonnen, bevor B- und T-Zellen in das Geschehen eingreifen können. Bei den 6 Rhesus-Affen war die Erstabwehr erfolgreich. Von den Viren waren nach 10 Tagen nur noch genetische Reste nachweisbar. Gelingt die Erstabwehr nicht, können die Viren weitere Zellen infizieren. Der Gewebeschaden ist dann beim Eintreffen von Antikörpern und T-Zellen so weit fortgeschritten, dass ein schwerer Verlauf nicht mehr zu verhindern ist.